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Interview mit Katherine Tyndall

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Manchmal können die Bedürfnisse von Tieren auch die Stadtpolitik beeinflussen. Zum Beispiel hat uns Paula vom Prinzessinnengarten Kollektiv erzählt, dass auf dem Friedhof eine Waldohreule gesichtet wurde. Waldohreulen sind geschützt und mit ihnen auch die Umgebung, in der sie leben. Sie hat ein braun marmoriertes Gefieder, ist circa vierzig Zentimeter groß und ihre Flügel können sich fast bis zu einem Meter ausbreiten. Sie ist nur in der Nacht aktiv und sucht mit ihren orange leuchtenden Augen vor allem nach Mäusen und anderen kleinen Nagetieren. Ich selbst habe noch nie eine gesehen oder gehört, aber ich konnte nachlesen, dass sie mit einem dumpfen „Ooh“ auf Partner:innensuche ist und ein hohes Fiepen von sich gibt, wenn Gefahr droht. Und auch Zwergfledermäuse gibt es auf dem Neuen St. Jacobi Friedhof. Paula vom Prinzessinnengarten Kollektiv und Sandra, die Tiere auf dem Friedhof beobachtet, haben uns ein bisschen mehr dazu erzählt.


Laura:

Dass es hier irgendwann mal bebaut wird, ist schon wahrscheinlich, oder?

Paula:

Das kommt ein bisschen darauf an. Also vorne und hinten sind Flächen, die könnten sofort genutzt werden. Hinten waren nur Vorratsflächen, die sind gar nicht gewidmet und hier vorne — die Fläche, wo die Gastronomie ist — das nennt sich eine Wirtschaftsfläche. Wenn dann wäre es so wie drüben bei dem anderen Friedhof, dass es eine Blockrandbebauung vorne und hinten geben könnte und hinten passiert erstmal auch nicht so viel. Da war eine Waldohreule, die genistet hat und das sind immer so Sachen, das verschiebt dann alles.

Sandra:

Das war eine Waldohreule. Das sind auf der politischen Ebene die Arten, die streng geschützt sind. Die auf der roten Liste meistens als gefährdet oder gar vom Aussterben bedroht geführt werden. Die haben natürlich einen Einfluss, wenn sie nachgewiesen werden, dann kann dort nicht ohne Weiteres etwas stattfinden, ohne zumindest Ausgleichsmaßnahmen woanders anzubieten. Aber je nachdem, welche Tiere man dort finden kann — aber auch Pflanzen, auch die gibt es geschützt — wird das eine Auswirkung haben. Für den Naturschutz haben sogenannte menschliche Interessen Vorrang. Das heißt, dass es, obwohl es dort geschützte Tiere und Pflanzen geben kann, trotzdem bebaut wird.

Selbst war ich bisher nachts noch nicht auf dem Friedhof, einmal etwas später abends auf Igelsuche – nicht auf Eulensuche – aber ich weiß zum Beispiel, dass es dort Fledermäuse gibt. Und alle Fledermausarten in Deutschland sind streng geschützt. Auch das wird natürlich einen Einfluss darauf haben, was mit dem Friedhof später passiert. Anzunehmenderweise sind es Zwergfledermäuse aus dem einfachen Grunde, dass sie in Berlin am häufigsten vorkommen und ganz gut mit den verschiedenen Lebensräumen und Bedingungen zurechtkommen.

Die Eule ist auf Bäume angewiesen. Für sie reichen Sträucher und Gänseblümchen nicht. Das ist ein großer schwerer Vogel, der seine Nester in Bäume baut. Die Bäume müssen auch ein gewisses Alter haben. Wir sind uns dieses Problems bewusst, die Gärtner sind sich dieses Problems bewusst. Viele Tiere, auch Insekten, sind auf alte Bäume und altes Holz angewiesen. Und wir werden ein paar von den wunderbaren Bäumen, die dort stehen, sicherlich verlieren. Erstens leben auch Bäume nicht unendlich lange und zweitens ist es einfach zu trocken heutzutage. Die Bäume leiden darunter. Ihr wart ja selber schon vor Ort, ihr habt ja die Kiefern gesehen, die gefallen sind, das werden leider noch mehr werden und nicht weniger. Aber es werden von Seiten der Gärtner Bäume gefördert. Es wird versucht, ein paar Ahörner größer werden zu lassen, weil man davon ausgehen kann, dass der Ahorn in der Zukunft ein bisschen besser zurechtkommt. Der ist nicht ganz so trockenheitsempfindlich. Der kann Phasen mal ab mit längerer Trockenheit und wäre dann vielleicht eine gute Ersatzmaßnahme für die Bäume, die es in der Zukunft nicht mehr so gut aushalten werden. So ein Baum braucht nun eben viele, viele Jahrzehnte, um groß zu werden. 

Die Fledermäuse brauchen auch sowas wie die Bäume zum Nisten. Nun hat man für sie Kästen dort angebracht, das ist sehr praktisch, normalerweise nehmen sie die auch gerne an. Ein wichtiger Aspekt bei den Fledermäusen ist die Vermeidung von Lichtverschmutzung — dass man nicht überall Lichter hinstellt. Manche Fledermäuse jagen um Lampen herum, weil Lampen Insekten anziehen, aber nicht alle. Ganz viele Fledermäuse meiden Licht. Insofern sollte man auf dem Friedhof nicht weiter Lampen anbringen. Und natürlich, Fledermäuse sind Insektenfresser, die brauchen Insekten – sprich, wir brauchen mehr Pflanzen auf dem Friedhof, die Nahrung für Insekten darstellen. Ganz wichtig ist eben die Struktur, die jetzt da ist, zu erhalten. Zu sagen, wir haben Büsche, wir haben Gräser, wir haben Bäume, wir haben ganz viele verschiedene Stockwerke. Da kann man mal verschiedene Pflanzen ersetzen, wie gesagt, der Klimawandel wird auch forcieren, dass das gemacht werden muss, damit man aber sieht, dass man von allem was hat. Also man muss jetzt nicht gerade einen Weiher anlegen, das ist vielleicht ein bisschen zu viel des Guten, aber man könnte Vogeltränken bauen. Vogeltränken sind normalerweise auch sehr gut für Insekten, wenn man da Steine reinlegt, sodass sich eine Biene darauf hocken und auch mal trinken kann – da gäbe es also Möglichkeiten. Alle Tiere brauchen Wasser, das ist so.

Aber ich sag mal so, man sieht es ja auch immer wieder in der Stadt, Tiere sind ziemlich anpassungsfähig. Ich denke, alles, was sie brauchen, ist Platz und Nahrung. Das sind die Grundlagen und damit ist es gut. Nicht alle Tiere brauchen ganz viel Platz. Es gibt welche, die brauchen ganz viel Platz, aber wie gesagt, die kommen sowieso nicht in die Stadt. Aber wie gesagt, Dachse sind extremst scheu. Wenn aber die sich jetzt sogar in den Stadtrandgebieten in den Gärten zeigen, dann sagt das schon auch was über die Tiere aus. Dann haben sie was für sich entdeckt und nutzen das. 

Das heißt also, dass Waldohreulen und auch Zwergfledermäuse alte Bäume und Kästen brauchen, um auf dem Friedhof zu leben. Siehst du manche der Fledermauskästen über dir in den Bäumen? Aber neben einem Unterschlupf brauchen die Zwergfledermäuse auch Insekten als Nahrung. Insekten wiederum brauchen bestimmte Pflanzen für ihre Nahrung und alle zusammen brauchen Wasser.